Rede von Renan Demirkan

Wie schön – hier sein und zwischen all den Kulturen surfen zu dürfen. Ich glaube ganz fest daran, dass die Kultursurfer von heute die Architekten und Garanten einer – neuen Humanität in einer selbstverständlich transkulturellen Zukunft sein werden!

Kulturen sind das Ergebnis von menschlicher Kommunikation, sie sind Ausdruck unserer Kreativität, unseres Denkens und Fühlens, sie sind das Destilat aus der ewigen Suche nach Sinn, Glück und Gott.

Und Kulturen sind immer im Werden. Das heißt – wir alle sind in einer Dauertransformation, und somit in einer ständigen Veränderung. Weil wir täglich Neues erfahren – das unsere aktuelle Wirklichkeit verändert und in eine neue Wirklichkeit führt.

Kulturen sind ein permanenter Transit in eine sich ständig neu zusammensetzende Zukunft!

Das heißt – wir alle befinden uns in einem permanenten Übergang von dem - was wir waren in das - was wir werden. Die einzige Konstante in unser aller Leben ist die Veränderung. Nicht die Kultur. Leider nicht mal die Gesundheit oder die Liebe. Wir sind Werdende – manche mit einer Aufenthaltsberechtigung – andere nur mit einem Dreimonatsvisum.

Aber wie unterschiedlich auch all unsere Biografien sein mögen – und woher wir alle auch abstammen – wenn wir zusammenleben wollen - haben wir eine gemeinsame Zukunft – und die gilt es gemeinsam zu gestalten.

Es ist unsere Entscheidung, ob wir das Verbindende suchen oder auf dem Trennenden bestehen. Wir entscheiden, ob wir eine Gesellschaft wollen, die Gräben des Mistrauens zieht oder Brücken des Vertrauens baut. Es gibt nicht das volle Menschenrecht für die Mehrheitsgesellschaft und ein bisschen Gerechtigkeit für Ausländer.

Die Charta der Menschrechte gilt unteilbar für jeden von uns, genau so wie der erste Artikel unserer Verfassung: Die Würde des Menschen ist unantastbar, egal wo er herkommt und was er glaubt. Und jeder – der an dieser Weltformel rüttelt –  rüttelt an der Menschlichkeit und der Freiheit des Geistes.

Es gibt keine friedliche Alternative zu offenen Grenzen und der Freiheit der Kulturen. Die – die das Gegenteil behaupten – sind keine Alternative. Das sind die alten Rassisten in neuen Farben.

Lasst uns das Verbindende feiern! Lasst uns gemeinsam unsere gemeinsame Zukunft gestalten.

Jeder wird in die Weltmitte geboren – aber die Mehrheit fristet ein Leben am Rand – in einem Existenzminimum. Wir brauchen die bestmöglichen Bildungschancen für jeden Einzelnen und fair bezahlte Arbeit, von der man leben kann.

Denn Rassismus explodiert immer bei Mangel an Gerechtigkeit!

Deshalb brauchen wir – braucht die Demokratie! - einen gerechten und sozialen Staat – der jede gesellschaftliche Spaltung im Keim verhindert und die Menschen vor dem Stigma und der Scham durch Armut schützt.

Was ist dir das Menschlichste – fragt Nietzsche in der fröhlichen Wissenschaft und antwortet: Jemandem Scham ersparen. Lasst uns solidarisch sein mit den Schwachen!

Eine Gesellschaft – in der Einfünftel 5 Mal so viel verdient – wie das restliche Vierfünftel – ist nicht fair! Eine Politik – die das zulässt – ist nicht wirklich unabhängig und gefährdet die Demokratie. Es liegt an uns – dass die Demokratie stark bleibt! Lasst uns die Unterschiede achten und respektieren. Denn Respekt ist die Inschrift der Humanität und das Ave Maria der Menschlichkeit.

Ich danke Euch.

Renan Demirkan, am 25. Juni 2016 in Frankfurt/Main.